Ehrenamt lebt von den Menschen, die sich engagieren und für ihre Mitmenschen einsetzen. Wir stellen in unregelmäßigen Abständen Engagierte vor und wollen Geschichten aus dem Ehrenamt erzählen.

Glaubt man einem bekannten deutschen Sprichwort, so geht Liebe durch den Magen. Auch wenn das mit dem Verlieben nicht immer der Fall ist, so erfüllt das Kochen doch zumindest eines: Es verbindet. Genau aus diesem Grund treffen sich alteingesessene Essener regelmäßig mit Flüchtlingen aus allen Stadtteilen im Beginenhof zum gemeinsamen Kochen.

Im Beginenhof in Rüttenscheid ist an diesem Mittwochabend ordentlich was los: Mindestens 50 Menschen verschiedener Kulturen haben sich hier zusammengefunden, um gemeinsam etwas Leckeres zuzubereiten. Zwischendurch hört man den ein oder anderen fragen, was es denn heute zu Essen gebe, doch keiner weiß so recht die Antwort darauf. Aber nachdem die meisten nach und nach hereingekommen und es sich in der Wohnstube gemütlich gemacht haben, scheint das Thema „Essen“ auch eher zweitrangig zu sein.

Allmählich erkennt man, dass sich hier zwei Gruppen bilden: Diejenigen, die in der Küche arbeiten und das Essen zubereiten und diejenigen, die sich in der Wohnstube zusammengefunden haben und bei einer Tasse Kaffee quatschen.

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Vorurteile abbauen

Eine von der quatschenden Fraktion ist die 17-jährige Anne, die den regelmäßigen Kontakt zu den Geflüchteten bewusst sucht: „Ich bin nach meinem Auslandsaufenthalt in Chile hierher zurückgekommen und habe nach einer sinnvollen Beschäftigung gesucht“, erzählt die Gymnasiastin lachend. So sei sie hier im Beginenhof bei der interkulturellen Kochgruppe gelandet, die mittlerweile schon zu einer eingeschworenen Gemeinschaft zusammengewachsen ist.

Das findet auch die Leiterin der Kochgruppe Voula Stadimou-Naber und pflichtet ihr bei, dass der feste Stamm, der zurzeit aus 15 Personen besteht, mittlerweile zu einer großen Familie zusammengewachsen ist. Über eine What’s App Gruppe organisiert sich und entscheidet „La Familia“, was in der nächsten Woche gekocht wird.

Leckeres Kindergericht

Dieses Mal gibt es „Ozi“, ein arabisches Gericht, das gerade bei Kindern auf große Beliebtheit stößt. Es handelt sich dabei um Reis mit Erbsen und Hackfleisch – die syrische Form von Kartoffelbrei mit Fischstäbchen also. Während die Mütter alles fleißig in der Küche zubereiten, stehen ihre Kinder oft mit großen Augen daneben und warten ganz sehnsüchtig darauf, dass ihr Lieblingsessen endlich fertig wird. Dem ein oder anderen läuft da schon beim Anblick das Wasser im Munde zusammen.

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Ein kleines Stückchen Heimat

Nicht nur für die jüngere Generation ist dieses Gericht ein absolutes Highlight, sondern auch eine Gruppe von Jugendlichen, die sich an diesem Mittwochabend im Beginenhof zusammengefunden hat, freut sich darüber. Hassan, ein dunkelhaariger junger Mann mit leichtem Bartansatz erzählt begeistert: „Wenn ich das Essen schon rieche, habe ich wieder das Gefühl in meiner Heimat Syrien zu sein.“

Und genau darum geht es bei den Kochabenden eben auch, erklärt die Leiterin Voula. Man möchte den Menschen nicht nur eine interkulturelle Begegnungsstätte bieten, sondern den Geflüchteten auch in der Fremde ein kleines Stückchen Heimat zurückgeben.

Und wenn das mit einer Kleinigkeit wie einem heimischen Essen klappe, dann habe man doch schon viel erreicht, führt Voula weiter fort.

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Rezepte werden ausgetauscht

Als das Essen dann endlich serviert wird, sieht man auch einige Deutsche zufrieden kauend am Tisch sitzen. Steffi und Julia, zwei freiwillige Helferinnen aus der Ehrenamt Agentur Essen, sind sogar so begeistert von dem Gericht, dass sie sich nachher bei Amira, der heutigen Küchenchefin, das Rezept besorgen.

Die syrische Frau mit den saphirblauen Augen freut sich sehr über das Kompliment der zwei und versichert ihnen, dass es ein sehr einfaches Familienrezept sei.

Etwas Wichtiges, das die Kochgruppe ihren Teilnehmern lehrt, ist, dass Essen einfach verbindet: Es löst ein wohlig warmes Gefühl im Magen aus und lässt sich bei angenehmer Atmosphäre unter netten Leuten noch viel mehr genießen.

Blickt man in die Gesichter dieser unterschiedlichen Charaktere, kann man genau das erkennen: Sie genießen das Miteinander und viele der Geflüchteten scheinen endlich zu Hause angekommen zu sein.

Text und Fotos: Dalia El-Shaal

Wer mitkochen möchte, kann sich bei der Ehrenamt Agentur Essen e. V. unter der 0201 839 149 0 oder per Mail an die anmelden. Die Koch-AG findet jeden zweiten und vierten Mittwoch von 17 bis 21 Uhr statt. Ort: Beginenhof (Goethestraße 63-65, 45130 Essen)